01.03.2013 — Julia Fischer ist keine Künstlerin, die viel offen lässt. Auch wenn sie die Violinkonzerte von Dvořák und Bruch kombiniert, weiss sie, weshalb sie dies tut. Im Booklet zur gerade erschienen CD erklärt sie, in welcher Hinsicht sich ihrer Ansicht nach das überaus populäre (Bruch) und das lange geschmähte (Dvořák) Werk gleichen. Beide begännen mit gleichsam improvisierten Passagen, reihten die Sätze eins und zwei nahtlos aneinander. Die langsamen Sätze seien sich strukturell sehr ähnlich und verleugneten die Ahnenschaft von Mendelssohns Werk der gleichen Gattung nicht. Das hat alles einiges für sich. Die beiden romantischen Ikonen der Violinliteratur zu paaren, ist denn auch in der Tat reizvoll.
Ähnlich klar waren die Vorstellungen Fischers offenbar dazu, mit wem sie die beiden Konzerte einspielen wollte. Erklärtermassen mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und David Zinman als Dirigenten. Beim Orchester hat sie in der Saison 2009/2010 als Artist in Residence geamtet. Mit Zinman und dem Dvořák-Konzert wäre sie auch auf Deutschland-Tournee gegangen. Allerdings ist der Chefdirigent des Tonhalle-Orchesters Zürich erkrankt. Die Konzerte in München, Dortmund und Stuttgart werden nun von Michael Sanderling geleitet.
Die Aufnahme hat relativ viel Hall und bettet die Solovioline in den Orchesterklang ein. Das Orchester wirkt spätromantisch opulent, aber immer präzise. Die Geigerin hat dennoch keine Mühe, sich stets gegen die Klangmassen durchzusetzen. Beide Konzerte wirken in ihrer Wiedergabe hoch expressiv, aber stets beherrscht, ja fast antiromantisch. Das Schwelgerische und Gefühlige ist Fischers Sache nicht. So bleibt denn der Eindruck einer sich auf interpretatorisch und technisch exzellentem Niveau bewegenden Wiedergabe, vor der man aber eher Respekt hat, als dass man davon menschlich berührt würde. Das bleibt aber natürlich ein subjektiver Eindruck. (wb)
Julia Fischer: Bruch & Dvořák, David Zinman (Leitung), Tonhalle-Orchester Zürich, Decca/Universal Best.-Nr. 478 3544