28.02.2014 — Wir machen ja nur ungern in Kulturpessimismus, das Anhören dieser CD hat uns aber dazu verleitet: Was man heute so alles ertragen muss in Sachen Kleinkunst-Humor von Stand-ups, Comedians, Slammern, Komikern, Late-Night-Talkern mit zunehmend regressiven Tendenzen, und wie infantilisiert fühlt man sich dabei mittlerweile… ‒ das merkt man erst wieder so richtig, wenn man sich diese Chansons anhört. Was für Texte! Was für hintergründige Musik! Hollaender, der «lachende Melancholiker» liebte die Menschen, und er verstand sie. Nie setzte er auf ihre Kosten Pointen, immer schwingt Achtung vor dem Versuch mit, sich in der eigenen Existenz, und sei diese noch so an den Rand gedrängt, mit Würde und Haltung einzurichten, und sei diese noch so eigensinnig. Hollaender war der authentische Satiriker: Ein im Grunde ernsthafter Mensch und Moralist, der bloss aus Verzweiflung über die Absurdität der Welt zum Mittel des Humors greift, der abgewiesene Liebhaber der Gesellschaft, der weiter liebt und diese Widersinnigkeit in zärtliche Ironie umschmiedet, der Gutmensch, der aus dem Spott über seine scheinbare Naivität das Gegengift der originellen Verse destilliert.
28.02.2014 — Wir machen ja nur ungern in Kulturpessimismus, das Anhören dieser CD hat uns aber dazu verleitet: Was man heute so alles ertragen muss in Sachen Kleinkunst-Humor von Stand-ups, Comedians, Slammern, Komikern, Late-Night-Talkern mit zunehmend regressiven Tendenzen, und wie infantilisiert fühlt man sich dabei mittlerweile… ‒ das merkt man erst wieder so richtig, wenn man sich diese Chansons anhört. Was für Texte! Was für hintergründige Musik! Hollaender, der «lachende Melancholiker» liebte die Menschen, und er verstand sie. Nie setzte er auf ihre Kosten Pointen, immer schwingt Achtung vor dem Versuch mit, sich in der eigenen Existenz, und sei diese noch so an den Rand gedrängt, mit Würde und Haltung einzurichten, und sei diese noch so eigensinnig. Hollaender war der authentische Satiriker: Ein im Grunde ernsthafter Mensch und Moralist, der bloss aus Verzweiflung über die Absurdität der Welt zum Mittel des Humors greift, der abgewiesene Liebhaber der Gesellschaft, der weiter liebt und diese Widersinnigkeit in zärtliche Ironie umschmiedet, der Gutmensch, der aus dem Spott über seine scheinbare Naivität das Gegengift der originellen Verse destilliert.
Sicher ist Hollaenders Kunst Kind und Reflex seiner Zeit, der Weimarer Republik, sie ist aber auch zeitlos ‒ dies erst recht, wenn sie denn so interpretiert wird, wie dies Dagmar Manzel hier tut. Die 1958 in Ost-Berlin geborene Schauspielerin gehörte von 1983 bis 2001 zum festen Ensemble des Deutschen Theaters Berlin. 2012 wurde die auch als Operetten- und Musicaldarstellerin versierte Künstlerin (nach zahlreichen anderen Auszeichnungen wie einem Adolf-Grimme-Preis) mit dem Deutschen Filmpreis für eine Nebenrolle (in Christian Schwochows Die Unsichtbare) geehrt. Auf der CD Menschenskind hangelt sie sich souverän durch die hochdeutschen, berlinerischen und englischen Texte.
Das eher lieblos anmutende, unterkühlt-routinierte Design des Booklets, das die Musik in keiner Weise spürbar macht, sollte nicht daran hindern, sich diese Silberscheibe anzutun. Aber Achtung: Einige der Shootingsstars der aktuellen Comedy-Szene wird man dann nicht mehr aushalten. (wb)
Info:
Dagmar Manzel: Menschenskind, Deutsche Grammophon/Universal, Best.-Nr. 00289 479 2328