09.05.2014 — Zwei ganz unterschiedliche Pianisten, zwei ganz ähnliche Projekte, zwei ähnliche Motivationen? In beiden Fällen erschliesst sich die Dringlichkeit nicht unmittelbar. Die Musik zweier Briten, die man da zu hören bekommt, drängt sich nicht unbedingt auf, um damit eine ganze Polycarbonatscheibe ausschliesslich zu bespielen. So «nackt» wirken die Klavierstücke, als fehlte ihnen eine Dimension ‒ sowohl denjenigen von Howard Blake, die uns Vladimir Ashkenasy andient als auch denen von Michael Nyman, die Valentina Lisitsa aufgenommen hat. Das hat einen Grund. In beiden Fällen mehr oder weniger denselben.
09.05.2014 — Zwei ganz unterschiedliche Pianisten, zwei ganz ähnliche Projekte, zwei ähnliche Motivationen? In beiden Fällen erschliesst sich die Dringlichkeit nicht unmittelbar. Die Musik zweier Briten, die man da zu hören bekommt, drängt sich nicht unbedingt auf, um damit eine ganze Polycarbonatscheibe ausschliesslich zu bespielen. So «nackt» wirken die Klavierstücke, als fehlte ihnen eine Dimension ‒ sowohl denjenigen von Howard Blake, die uns Vladimir Ashkenasy andient als auch denen von Michael Nyman, die Valentina Lisitsa aufgenommen hat. Das hat einen Grund. In beiden Fällen mehr oder weniger denselben.
Ashkenasy erweist Blake Reverenz, der (neben Wettbewerbsstücken) Musik für Filme geschrieben hat, die hier in einer Klavierversion zu hören sind. Lisitsa erweist Nyman Reverenz, der Klaviermusik für (Klavier-)filme geschrieben hat, allen voran für den legendären Streifen «The Piano» der Regisseurin Jane Campion, auf den auch das Cover der CD anspielt. In beiden Fällen schwankt man etwas, ob man die Klänge nun als gut gemacht, aber etwas konventionell und nicht unbedingt Aufmerksamkeit heischend bezeichnen will, oder einfach als wenig originell. Es fehlt ihnen halt eben etwas, so wie den Wilhelm-Müller-Gedichten etwas fehlt, wird ihnen nicht die Musik Schuberts unterlegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass Filmmusik (wenn es nicht gerade Korngold-, Elfman- oder Williams-Schwarten sind) klingt, als ob sie im absolut ausdrucksentkleideten Studio produziert worden wären, als ob man den letzten Kick vermissen würde.
Vladimir Ashkenasy sass 2011 in Hong Kong in der gleichen Jury eines Klavierwettbewerbs wie Howard Blake (so steht es im Booklet), und bei einem gemeinsamen Mittagessen entstand das Projekt dieser Porträt-CD. Es wirkt akustisch gefühlt interessanterweise ähnlich trocken, ja hart im Klang wie Lisitsas Nyman-Aufnahmen. Interessanterweise referieren beide in den Begleittexten auf stilprägende Jazzpianisten wie den lapidaren Thelonious Monk und den gläsernen Bill Evans, und es ist auch möglich, dass der Eindruck entsteht, hier fehle eine Dimension in der Musik, weil zwar klaviertechnisch auch Jazzpiano-Ikonen Inspiration boten, ihre Ästhetik aber in Charakterstücke-Klassik-Formeln gegossen wird und aus ihren musikalischen Universen gerade so ihre Essenz herausdestilliert worden wäre. Der grösste gemeinsame Teiler von Rachmaninow (mit dem Lisitsa als «Youtube»-Star berühmt geworden ist) und Monk ist so gross eben nicht, das kleinste gemeinsame Vielfache aus Satie und Minimal Music bei Nyman besteht vor allem aus unpersönlichen Reduktionsverfahren. (wb)
Info:
Vladimir Ashkenazy: Walking in the Air. The Music of Howard Blake. Decca/Universal, Best.-Nr. 478 6300.
Valentina Listisa: Chasing Piano. The Piano Music of Michael Nyman. Decca/Universal, Best.-Nr. 478 6421