20.06.2014 — Oper ist wie Fussball, nur anders. In den grossen Ligen der Welt kickt heute eine austauschbare Elite an Spielern, Brasilianer in Japan, Iraner in Deutschland, Spanier in England und so weiter und so fort, und an Weltmeisterschaften, wie sie zur Zeit in Brasilien stattfinden, treffen sie sich auf dem Rasen in verschiedenen Nationaltrikots, aber mit ihren Klubkollegen. Wenn immer vom völkerverbindenden Wert des Spiels geredet wird, das steckt wirklich dahinter: individuelle Leistung schlägt nationale Zugehörigkeit, die Leibchen sind austauschbar. Es gibt keine Segregation. In der Oper ist es nun eben genauso: Sie gehorcht einem Söldnersystem und unterläuft so Nationalismen.
20.06.2014 — Oper ist wie Fussball, nur anders. In den grossen Ligen der Welt kickt heute eine austauschbare Elite an Spielern, Brasilianer in Japan, Iraner in Deutschland, Spanier in England und so weiter und so fort, und an Weltmeisterschaften, wie sie zur Zeit in Brasilien stattfinden, treffen sie sich auf dem Rasen in verschiedenen Nationaltrikots, aber mit ihren Klubkollegen. Wenn immer vom völkerverbindenden Wert des Spiels geredet wird, das steckt wirklich dahinter: individuelle Leistung schlägt nationale Zugehörigkeit, die Leibchen sind austauschbar. Es gibt keine Segregation. In der Oper ist es nun eben genauso: Sie gehorcht einem Söldnersystem und unterläuft so Nationalismen.
Die Verknüpfung von Musik und nationalen Kulturen verläuft allerdings entlang einer ganzen Reihe von Fettnäpfchen politischer Korrektheit. Was soll das etwa bedeuten, wenn den Song der Fussball-WM in Südafrika vor vier Jahren eine Kolumbianiern ‒ Shakira mit «Waka Waka» ‒ beisteuert? Oder, schlimmer noch eine Amerikanerin ‒ J.Lo, Jennifer Lopez, mit wie heisst das Liedchen doch gleich? ‒ die WM in Brasilien besingt. Werden da nationale Kulturen desavouiert, oder wird da bloss Übernationalität signalisiert? Letztlich ist die Frage bloss: funktioniert‘s? Weltmeisterliches Waka Waka und Tiki Taka, das ging 2010 sehr gut zusammen, J.Lo und Neymar sind heuer hingegen ein Reinfall.
Aus dem WM-Land 2010 stammt die Sängerin Pumeza Matshikiza, die ‒ aufgewachsen in den Townships ‒ am Royal College of Music in London ausgebildet wurde und zur Zeit an der Stuttgarter Oper engagiert ist. Sie hat eine grosse Stimme und wagt sich auf der CD «Voice of Hope» unter anderem an Lieder, die von Miriam Makeba zu einem Stück Weltkultur gemacht worden sind: Malaika, Pata Pata, The Click Song, Nkosi Sikelel‘ i Afrika. Kann das eine klassisch ausgebildete Sopranistin?
Sie kann es, oder sagen wir mal, sie könnte es. Allerdings wird sie etwas ausgebremst. Die Orchesterarrangements der Stücke stammen zwar nicht von schlechten Eltern, sowohl der Brite Iain Farrington als auch der Belgier Dirk Brossé sind ausgewiesene Crossover-Arrangeure mit beeindruckendem Palmares, wer aber Miriam Makebas hochexpressive, körperliche Stimme im Ohr hat, muss den Eindruck erhalten, dass ihre Landsfrau hier von eher schwachbrüstigen Streicherlinien und harmlosen Perkussionssätzen ausgebremst wird.
Pumeza Matshikiza legt hier ihr Debüt-Album bei Decca vor und dürfte sich wohlweislich kaum eigene Gedanken gemacht haben darüber, wie sie selber sich das vorzustellen hat. Das Album tönt nun ein bisschen westeuropäisch-bildungsbürgerlich, weil’s vermutlich auch für ein solches Publikum gedacht ist. Von Pumeza Matshikiza werden wir aber zweifelsohne noch einiges hören. Im, vor und neben dem europäischen Opernhaus. Wir freuen uns darauf. (wb)
Info:
Pumeza. Voice of Hope. Decca/Universal, Best.-Nr. 478 6316