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Anoushka Shankar: Traces of You

Cover Shanker25.10.2013 —  Da liest man sich durchs Lineup der CD der in London wirkenden indischen Sitarvirtuosin Anoushka Shankar, der Schwester des Popstars Norah Jones und Tochter von George Harrisons Sitarlehrer Ravi Shankar. Und worauf stösst man? Auf ein Instrument mit bärndütschem Namen ‒ da fingert auch einer (Manu Delago) auf einem «Hang» mit. Für Nichtberner: «Hang» ist der berndeutsche Ausdruck für «Hand» und das Instrument mit dem Namen, eine Art portable All-in-one-Steeldrum, ist im Bernbiet von der Firma PanArt produziert worden.

Auf der PanArt-Webseite liest man allerdings im ersten Moment Bestürzendes: Die Stadtberner Manufaktur hat die Herstellung des Instrumentes eingestellt (www.hang.ch). Als gebürtiger Berner ist man natürlich stolz auf solch überraschend kosmopolitische Resonanzen der Provinzmetropole.

Und dennoch macht man sich so seine Gedanken. Die Sitar ist Ausdruck einer einstimmigen Musikkultur auf ästhetischer Augenhöhe mit der westeuropäischen Dur-Moll-Polyphonie. Fusionen, bei denen beide einen Schritt aufeinander zu machen, sind da sehr schwer zu realisieren. Sinn ergäben sie auch nur, wenn sie mehr als die Summe der beiden Musikwelten schaffen, mit andern Worten, wenn ein überraschender Mehrwert entstehen würde. Kombiniert man Klavierklänge in Singer-/Songwriter- oder Britpop-Manier mit Sitar, dann scheinen beide beengt. Simple Loops, auch wenn sie fünftaktig daherkommen, ergeben bloss einen unbefriedigenden Nachklang der überaus komplexen rhythmischen Schemata der indischen Musik, und Klavierpattern wirken angesichts der filigranen Vierteltonmelodien, die den ganzen Charme der Sitar-Einstimmigkeit ausmachen, eher verloren.

Zugute halten kann man Anoushka Shankar, dass sie auf hohem Niveau scheitert. Einige der Stücke auf der CD «Traces of You» wirken fremd, aber originell, faszinierend und stimmungsvoll. Als Berner erwähnen wir natürlich primär die Mixturen mit Hang… Norah Jones singt auf einigen Titeln übrigens mit, und dies auf so sensible und musikalische Art, dass die Stilgräben zwar nicht überwunden, aber immerhin fast vergessen gemacht werden. (wb)

Anoushka Shankar: Traces of You. Deutsche Grammophon/Universal Best.-Nr. 479 1051.

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