Das geht in Sechzehnteln munter rauf und runter bei Mendelssohn. Virtuos wird da unterhalten, und das durchaus bestens. Mendelssohn hat die beiden mit Opuszahlen (op. 25 und 40) versehenen Klavierkonzerte in den 1830er-Jahren zu Papier gebracht, was sie heute in der Deutschen Musik zu einer Art Interludium zwischen den Giganten Beethovens und der grossen romantischen Schlachtrösser von Schumann und Brahms. Zu ihrer eigenen Zeit werden sie allerdings von den etwa gleichzeitig entstandenen Glasperlenspiele Chopins überstrahlt.
Auf der CD des Musikkollegiums Winterthur (unter Stabführung von Douglas Boyd) und des Pianisten Oliver Schnyder finden sich drei Mendelssohn-Konzerte. Seit einigen Jahren wird tatsächlich auch ein vom Musikwissenschaftler Larry Todd rekonstruiertes drittes Klavierkonzert gespielt. Das dritte Werk auf der CD ist es jedoch nicht. Vielmehr werden die beiden Opus-Konzerte hier um das Jugend- (respektive Kinder-)werk MWV O 2 für Klavier und Streichorchester des gerademal 13-jährigen Komponisten ergänzt. Op. 25 und 40 sind als Konzertmitschnitte im Stadthaus Winterthur entstanden, das Frühwerk ist zusätzlich aufgenommen worden.
Man hat von Mendelssohn das Bild des romantischen Jünglings (mit lockigem Haar), der etwas harmlos anmutende Lieder ohne Worte ohne Worte schreibt und Sinfonien als Genrebildchen malt. Damit räumen die Interpreten auf dieser CD auf. Da wird kantig und dramatisch musiziert, Skalenzierwerk und orchestraler Hintergrund erscheinen in hartem Licht, klar konturiert, auch widerborstig. Dem Jugendwerk verleiht ein harter, archischer Streicherton ohne süssliche Vibrati beinahe etwas Rebellisches. Einzig dynamisch wird da einiges einglättet, die recht differenzierte Abstufungsspannweite von Pianissimi bis Fortissimi, die Mendelssohn eigentlich vorsieht, pendelt hier bloss um einen Mittelwert herum. (wb)
Mendelssohn : The Piano Concertos, Oliver Schnyder. Musikkollegium Winterthur. Douglas Boyd. RCA Red Seal, Sony Music Super Audio CD, Best.-Nr. 88883 70735 2.