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Daniel Schenkers «Jardim Botânico»

29.05.2010 — Auf seiner Webseite listet der Zürcher Trompeter Daniel Schenker ein paar Kapitalverbrechen von Trompetern an Gigs inklusive Bussenkatalog auf: Wer ein altes Maynard Ferguson Tour Shirt trägt, schuldet 15 Dollar (wer ein neues trägt 25 Dollar); das läuft unter «Elementare Dummheiten». «Kriminell schlechten Geschmack» zeigt, wer Songs von Herb Alpert oder Chuck Mangione zitiert. Das kostet auch 25 Dollar. Schenker kann sich zurücklehnen. Derartige Monstrositäten sind von ihm nicht zu erwarten. Die Schweiz hat eh schon – der breit abgestützten und ambitionierten Harmoniemusik-Tradition sei Dank – eine auffallende Menge hochklassiger Bläser hervorgebracht. Erinnert sei mit Blick auf die Trompete da bloss an Franco Ambrosetti oder Michel Mathieu, und viele davon sind exzellente Lyriker. Schenker gehört auch dazu: einer der auf internationalem Niveau stilsicher (in jeder Bedeutung des Wortes) locker mitbläst.

Schenker ist aber nicht nur ein versierter Improvisator, der elegante, stimmungsvoll und atmosphärisch dichte Linien zu blasen vermag. Er hat sich auf einer Brasilientournee und in der Schweiz mit dem Jazz brasileiro vertraut gemacht – in ständigen Kontakten mit der hiesigen brasilianischen Exilmusikergemeinde, die so authentische Talente wie den Choro-Gitarristen Ademir Cândido oder den Bassisten Dudu Penz und exquisite Perkussionisten und Cavaquinho-Spieler in ihren Reihen hält. Nicht zuletzt war Schenker Mitglied der legendären Formation Samambaia.

Mit «Jardim Botânico» legt Schenker ein Album vor, das sich im Zwischenreich von Cool Jazz, Bossa Nova, Jazz Balladen und akustischen Grossstadt-Chill-out-Klängen bewegt, ohne je ins Geschmäcklerische abzugleiten. Die Kompositionen sind in sich stimmig und originell und das Klangbild, zu dem auch der Pianist Stefan Aeby, der Basssist Dominique Girod und der Schlagzeuger Elmar Frey Entscheidendes beitragen, transparent, differenziert und sanft schimmernd.

Den Jazz erfindet Schenker damit natürlich nicht neu. Das soll er auch nicht. In Zeiten, in denen jeder Jungspund frisch ab der Musikhochschule glaubt, diesen revolutionieren zu müssen, bevor er sich seine Sporen gründlich abverdient hat, ist das ein wohltuendes Album: hochklassig, unprätentiös und handwerklich durch und durch solide. Gerade ein derart entspanntes Verhältnis zum Idiom wird dazu führen, dass sich diese Weltmusik organisch und unaufgeregt weiterentwickeln kann. (wb)

Daniel Schenker Quartet: Jardim Botânico, Daniel Schenker, Trompete, Flügelhorn; Stefan Aeby, Klavier; Dominique Girod, Kontrabass; Elmar Frey, Schlagzeug. Migros Musiques Suisses in Koproduktion mit Schweizer Radio DRS. Bezugsnachweis: www.musiques-suisses.ch

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