08.06.2012 — Die Gruppe Balkan Flavours ist eine Blüte der Luzerner Jazzausbildung. Die Gruppe ist anlässlich eines Diplomkonzertes vom Pianisten Faruk Muslijević gegründet worden. Er ist – laut Angaben, die man im Internet zusammensuchen kann – in Leskovac, im ehemaligen Jugoslawien, zur Welt gekommen und nach einem Akkordeonstudium an der Musikhochschule in Nis 1998 in die Schweiz gekommen. Er unterrichtet an der Musikschule Emmen und an der Fachmittelschule Luzern Klavier und Keyboard und arbeitet in der Gegend auch als Jugendarbeiter. Man erinnert sich: Emmen ist die Gemeinde, die wegen ihrer restriktiven Einbürgerungspraxis schweizweit ins Gespräch gekommen ist.
Auf der CD «Elephant Steps» geht die Post ab. Da gibt’s eklektische, mit unbändiger Spiellust und viel Drive vorangetriebene Grooves mit südosteuropäischem Flair und jazziger Grundierung – eine elektrifizierte und elektrisierende Mischung aus Tasten- und Knopfinstrumenten (Faruk Muslijević), Gitarre (Dragan Pijetlović), Elektrobass (Thomas Davano) und Schlagzeug (Christoph Müller) mit den Gästen Veronika Stalder (Gesang) und Marc Stucki (Tenorsaxophon).
Kompositorisch würden die Stücke fürs Brennen in Polycarbonat etwas mehr Verdichtung vertragen, sie machen aber Lust, die Gruppe live zu erleben. Was man auf der CD zu hören bekommt, dürfte vor Ort kaum kalt lassen.
Für eine moderne, kulturell offene Schweiz steht auch das Zurich Jazz Orchestra (ZJO). Auf seiner jüngsten CD «Song« macht ihre Musik, wie es Schweizer Qualitätsarbeit gut ansteht, allerdings immer mal wieder Ticktack – in Neuinterpretationen bekannter (Pop-)Songs wie «Video Killed The Radio Star», «Time After Time», «I Love Paris», die den Charakter der Stücke zum Teil erheblich verändern. Wird mal wieder dekonstruiert, ist der Impuls beim ersten Hören. Beim zweiten verliebt man sich in diese Kleinode, die voller überraschender, teils reduktionistischer Instrumentations-Ideen sind und mit lakonischen kontrapunktischen Spielereien eine intellektuelle Reflektionsebene einschieben, ohne den Arrangements den Witz zu nehmen. Die unprätentiöse Stimme und die auffallend helvetisch-hellen Vokale im Englisch der Sängerin Isa Wiss geben dem Ganzen einen nordisch-kühlen Anstrich.
Das Zurich Jazz Orchestra hat schon mit lustvoll-kreativen Annäherungen an Schweizer Volksliedgut (auf der CD «beyond swiss tradition») eine Tradition fortgeführt, die von Bandleadern wie Teddy Staufer, George Gruntz, Mani Planzer und Matthias Rüegg gepflegt worden ist. Auf «Song» muss nun internationales Standardrepertoire dran glauben. ZJO-Leader Rainer Tempel stellt dabei einmal mehr sein grosses Geschick als Arrangeur unter Beweis. Und die Bandmitglieder ihr stupendes Können. Bitte mehr davon. (wb)
Faruk Muslijević’s Balkan Flavours: Elephant Steps. Musiques Suisses, MGB Jazz 8. Bezugsquelle: www.musiques-suisses.ch . Zurich Jazz Orchestra featuring Isa Wiss. «Song». Jazz ‘n’ Arts, JNA 5812. Bezugsquelle: www.zjo.ch.