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Karadaglić erinnert an goldene Gitarren-Zeiten

24.06.2011 — Mit den lauen Sommerabenden kommt die hohe Zeit der Lagerfeuer, Strandidyllen, intimen Gartenpartys und nächtlichen Grillfeste – und damit auch die Saison der mediterranen Gitarrenmusik. Rechtzeitig zur Saison macht die Deutsche Grammophon ein Album des jungen montenegrinischen Virtuosen Miloš Karadaglić verfügbar, das etwas anmutet wie eine verklärende Reise zurück in die Zeiten Andrés Segovias, der Familie Romeros und Julian Breams.

Platz haben da die ganz grossen Renner aus dem spanisch-romantischen Repertoire – aus Albeniz’ Suite española, Tárregas Salonpiècen (Lágrima, Adelita, Capricho arabe), Granados Danzas españolas – sowie Epitáphios des Griechen Mikis Theodorakis und Koyunaba, eine Suite des italienischen Gitarristen Carlo Domeniconi aus den 1980er-Jahren, die auch schon oft und gerne eingespielt worden ist. Sie basiert ursprünglich auf einer improvisatorisch genutzten Skordatur (Umstimmen der Saiten) und macht ganz hübsch Effekt.

Natürlich nicht fehlen darf da auch die Romance aus dem Film «Jeux interdits», die hier wie üblich als anonymes Werk verzeichnet ist (der Berichterstatter glaubt sich zu erinnern, dass Narciso Yepes sich vor Jahren einmal in einem Interview mit einer Gitarrenfachzeitschrift als Autor des Werkes geoutet hat). Den Barcarole-Rhythmus unterlegt das English Chamber Orchestra unter der Leitung von Paul Watkins mit einem Streicherteppich, der hart jenseits der Grenze zur Fahrstuhlmusik situiert werden muss.

Allerdings versteht Karadaglić sein Handwerk. Seine Interpretatonen sind stimmungsvoll, ruhig fliessend und voller innerer Poesie. Wer sich vom Glas Wein und vom Lagerfeuer lösen kann und Zugriff auf einen DVD-Player hat, der sollte sich auch die mit der CD mitgelieferte DVD zu Gemüte führen.

Da findet sich ein im Grossen und Ganzen recht konventionelles und nichtssagendes Porträt des Gitarristen, in dem sich allerdings einige kurze Perlen verstecken: historische Aufnahmen aus der Kindheit und frühen Jugend des Virtuosen, die Einblicke in die Musikkultur Montenegros zu Zeiten des Jugoslawienkrieges geben. Karadaglić war in seinem Heimatland (später siedelte er nach London über) nämlich sehr früh schon ein TV- und Fernsehstar. (wb)

Miloš Karadaglić (Gitarre): Mediterráneo, Werke von Albeniz, Tarrega, Domeniconi, Theodorakis, Llboet, Granados, Deutsche Grammophon, CD+DVD, Best.-Nr. 477 9338.

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