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«Aufwind» in der Schweizer Jazzförderung

27.11.2009 — Zwei gewichtige Schweizer Förderinstitutionen legen zur Zeit ein besonderes Augenmerk auf das einheimische Jazzschaffen. Und beide haben sich dazu entschieden, ihre Unterstützungsgelder nicht in homöopatischen Dosen in alle Richtungen zu versprühen, sondern gezielt einzelnen Ensemble und spezialisierten Labels unter die Arme zu greifen. Pro Helvetia unterstützt mit einer «prioritären Jazzförderung» ausgewählte Schweizer Jazzbands über mehrere Jahre. Das Ziel: eine «nachhaltige Entwicklung von Schweizer Bands auf internationalem Niveau». Von der Pro-Helvetia-Förderung profitieren zur Zeit die Ensembles Rusconi und das Elina Duni Quartet sowie die Labels Intakt und Tonus Music Records.

Ganz ähnlich kommt ein neues Programm von Musiques Suisses, dem CD-Label für Schweizer Klassik und Neue Volksmusik des Migros Kulturprozentes, daher: Auf einem neuen Unterlabel «Jazz von DRS 2» werden Produktionen des öffentlich-rechtlichen Schweizer Kultur- und Bildungssender auf den Markt gebracht. Pro Jahr sollen es vier an der Zahl werden. Die erste Silberscheibe des Jahres ist nun greifbar. Es handelt sich um «Aufwind» des Trios tré, das sich seine ersten Sporen seit seiner Gründung im Jahr 1999 bereits abverdient hat.

Das Ensemble spielt in der ungewöhnlichen, bassbetonten Besetzung aus Tenorsaxophon (Thomas Lüthi), Posaune (Bernhard Bamert) und Schlagzeug (Christian Niederer). Um für die Gruppe mit kerniger Musik für Grundtonhörer etwas mehr Aufmerksamkeit zu schaffen, ist man auf die Idee gekommen, sie zusammen mit den Weltstars des Overtone Quartets rund um den Bassisten Dave Holland auf Schweizer Tournee zu schicken.

Der Erfolg ist zweischneidig. Wohl ist es gelungen, in den Medien für die Minitournee – auf dem Programm standen Fribourg, Genf, Chiasso und Luzern – etwas Echo zu provozieren. Die Aufmerksamkeit richtete sich dabei allerdings eher auf das Quartett des ehemaligen Miles-Davis-Sideman und ECM-Künstlers Holland, und (zumindest beim Auftritt in Luzern) wurde durch das nach tré losgroovende Star-Quartett auch ein grosser Unterschied in Bühnenroutine und technischem Können offensichtlich, der die Arbeit der drei Schweizer in weniger günstigem Licht erschienen liess, als sie dies verdient hätte.

Auf der CD wirkt die Musik des Trios deutlich schlüssiger und pfiiffiger als sie es im atmosphärisch kühlen und akustisch auf gesprochene Sprache optimierten Luzerner Saal des Kultur- und Kongresszentrums KKL tat. Der feine rhythmische Puls und die klanglichen Subtilitäten der kompositorischen Miniaturen beleben auf Konserve die Musik weitaus stärker als beim Liveauftritt. Das strukturelle Tiefbau- und –stapel-Konzept von tré zeigt hier eine Originalität, die auch etliches an Potential offenbart.

Noch haben die spröden Dialoge einen zeitweise etwas austauschbaren Charakter, noch könnten die sich zwischen knapp einer und gut fünf Minuten entfaltenden Stücke noch etwas mehr auf den Punkt gebracht werden. Verdient ist die privilegierte Behandlung des Ensembles durch Migros und DRS2 aber sicherlich. (wb)

Tré: Aufwind, Christian Niederer, Schlagzeug; Thomas Lüthi, Tenorsaxophon; Bernhard Bamert, Posaune. Musiques Suisses CD MGB Jazz 1.
Bezugsnachweis: www.musiques-suisses.ch

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