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Werner Güra singt Haydns Schottische Volkslieder

CD Cover18.07.2014 — «Schottische Volkslieder» tönt für heutige Ohren relativ unverfänglich, ja beliebig. Allerdings markieren die akustischen Kleinode den Beginn einer Ära, als erste nationale Vokalgattung, die von Johann Gottlieb Herder so tituliert wurde, noch bevor derselbige auch die deutschen Pendants als solche bezeichnete. Die «Volkslieder» waren noch vor der Französischen Revolution Indikator eines aufgeklärten bürgerlichen Selbstbewusstseins. Und genauso wie im heutigen «Volksgut» sind die Stücke des Repertoires keineswegs, ja vermutlich nicht einmal mehrheitlich das Produkt von Liebhabern aus dem Volk, sondern kunstvoll auf schlicht gedrechselte Preziosen professioneller Komponisten. In London etwa steuerten Henry Purcell und Johann Christian Bach einiges zum Topf bei, und bereits in dieser Zeit gab’s Volkliedsammlungen, die der Wahrung lokalen, regionalen und nationalen Erbes dienten.

 

CD Cover18.07.2014 — «Schottische Volkslieder» tönt für heutige Ohren relativ unverfänglich, ja beliebig. Allerdings markieren die akustischen Kleinode den Beginn einer Ära, als erste nationale Vokalgattung, die von Johann Gottlieb Herder so tituliert wurde, noch bevor derselbige auch die deutschen Pendants als solche bezeichnete. Die «Volkslieder» waren noch vor der Französischen Revolution Indikator eines aufgeklärten bürgerlichen Selbstbewusstseins. Und genauso wie im heutigen «Volksgut» sind die Stücke des Repertoires keineswegs, ja vermutlich nicht einmal mehrheitlich das Produkt von Liebhabern aus dem Volk, sondern kunstvoll auf schlicht gedrechselte Preziosen professioneller Komponisten. In London etwa steuerten Henry Purcell und Johann Christian Bach einiges zum Topf bei, und bereits in dieser Zeit gab’s Volkliedsammlungen, die der Wahrung lokalen, regionalen und nationalen Erbes dienten.

 

Die deutschen Komponisten der Zeit, allen voran die Wiener Klassiker Haydn, Mozart und Beethoven  haben sich mit Volkslied-Melodien jeglicher Provenienz auseinandergesetzt und eigene Varianten entwickelt, fast so wie es im 20. Jahrhundert die Jazzmusiker mit ihren Standards taten. Von Joseph Haydn existieren fast 400 (!) Bearbeitungen schottischer Volkslieder, 208 davon finden sich in einer Sammlung, die Haydn nach 1800 für den schottischen Beamten George Thomson, einen passionierten Sammler, geschrieben hat ‒ mit Begleitung eines Klaviertrios.

 

Dargeboten wird eine Auswahl dieser Lieder hier vom Münchner Tenor Werner Güra, der seine Kunst unter anderem in Basel bei Kurt Widmer perfektionierte und heute an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) unterrichtet. Begleitet wird er von einem illustren Trio mit der Geigerin Julia Schröder, der Konzertmeisterin des Kammerorchesters Basel,  dem erfahrenen Werner-Güra-Begleiter Christoph Berner am Fortepiano (von Collard & Collard) sowie dem belgischen Cellisten Roel Dieltiens, der ebenfalls an der ZHdK unterrichtet. Die drei kultivieren einen eher kernigen, vibratoarmen Haydn-Ton, einen (zum Fortepiano) durchaus passenden  asketischen, aber differenzierten und energiereichen Schotten-Klang, eher am Limit des Ausreizens historisch-informierter Praktiken.  

 

Das Booklet der CD ist mustergültig gestaltet,  mit einem erhellenden Essay von Charles Johnston und den englischen Originaltexten der Lieder sowie französischen und deutschen Übersetzungen, mit kritischen Anmerkungen (Fussnoten) zum Verständnis heute schwer verständlicher Textpassagen.

 

Info:
Joseph Haydn: Scottish Airs, Piano Trio Hob. XV :27, Werner Güra (Tenor), Christoph Berner (Fortepiano), Julia Schröder (Violine), Roel Dieltiens (Cello), Harmonia Mundi, HMC 902144

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