24.04.2015 — Viele Künstlerkarrieren verlaufen heute pfeilgerade. Im vergangenen Jahrhundert sorgten unter anderem Weltkriege und Eiserne Vorhänge für teils skurril anmutende artistische Werdegänge und Musikerschicksale. Speziell trifft dies zu auf den einstigen «Staatssolisten der ČSSR» Josef Bulva, der so ziemlich alle vorstellbaren Hindernisse, denen sich ein Musiker gegenüber sehen kann, zu überwinden hatte, und dies gar mehrmals. 1971 brach er sich in den Bergen fünfzigmal die Knochen, ein Jahr später, nach endlosen Krankenhausaufenthalten, sprang er während einer Auslandstournee nach Luxemburg ab. Prompt wurde er in der Tschechoslowakei des Hochverrats angeklagt.
24.04.2015 — Viele Künstlerkarrieren verlaufen heute pfeilgerade. Im vergangenen Jahrhundert sorgten unter anderem Weltkriege und Eiserne Vorhänge für teils skurril anmutende artistische Werdegänge und Musikerschicksale. Speziell trifft dies zu auf den einstigen «Staatssolisten der ČSSR» Josef Bulva, der so ziemlich alle vorstellbaren Hindernisse, denen sich ein Musiker gegenüber sehen kann, zu überwinden hatte, und dies gar mehrmals. 1971 brach er sich in den Bergen fünfzigmal die Knochen, ein Jahr später, nach endlosen Krankenhausaufenthalten, sprang er während einer Auslandstournee nach Luxemburg ab. Prompt wurde er in der Tschechoslowakei des Hochverrats angeklagt.
1996 stürzte Bulva der sich schon weitgehend aus dem Konzertleben zurückgezogen hatte, auf schneebedeckter Strasse und verletzte sich die linke Hand so massiv, dass eine Genesung undenkbar schien. Er wechselte den Beruf und wurde in Monaco Investmentbanker und Börsenmakler, ohne die Hoffnung aufzugeben, seine Hand wieder so herzustellen, um erneut zu konzertieren. Mittlerweile geht er wieder auf Tournee. Zum guten Glück für uns.
Bereits als junger Pianist entwickelte Bulva eine grosse Nähe zu Komponisten und lernte er, wie diese zu denken und ihr Musikverständnis aus dem kompositorischen Prozess aufzuschlüsseln. Er spielte, heisst es auf seiner Webseite, «zahlreiche Uraufführungen von Kompositionen für Klavier – die meisten davon ihm gewidmet».
Die Verbindung aus ‒ angesichts seiner Verletzungsgeschichte keineswegs selbstverständlicher ‒ technischer Perfektion und strukturellem Denken kommt seinen Wiedergaben von Liszt-Werken zugute, von denen einige historische Aufnahmen hier dokumentiert sind: Sie stammen aus den Jahren 1974 bis 2014. Luzide, wohlkonturiert und im besten Sinne narrativ-theatralisch entfaltet sich der liszstsche Kosmos unter seinen Händen, ohne dessen Virtuosität zum exhibitionistischen Selbstzweck zu machen.
Die beiden Polycarbonatscheiben der Doppel-CD werden je mit einer grossen Kiste abgeschlossen, der h-Moll-Sonate und dem ersten Klavierkonzert (mit dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg unter Daniel Nazareth, eine Aufnahme aus dem Jahr 1991). Daneben finden sich eine Ungarische Rhapsodie (die erste), Paganini-Etüden, Études d’execution transcendante, die Rhapsodie espagnole und eine Einspielung des Mephistowalzers, die alleine Grund genug für den Erwerb des Albums wäre. (wb)
Info: Josef Bulva plays Franz Liszt, Sony Music/RCA Red Seal, 88875073052.